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Duisbergstraße

Die Duisbergstraße ist eine zwischen Pützweg und Schlebuscher Straße gelegene Wohnstraße nahe der westlichen Stadtgrenze in Schildgen. Sie erhielt ihren Namen um 1964.

Der Chemiker und Industrielle Carl Duisberg (1861-1935) hat den Aufbau der Farbenfabriken Friedrich Bayer & Co. in Elberfeld bzw. ab 1895 in Leverkusen zum Großunternehmen und damit auch die Entwicklung Wiesdorfs und Leverkusens zu einer Industriestadt maßgeblich mitgeprägt. Weiterhin gehörte er zu den Begründern der I.G. Farbenindustrie AG im Jahre 1925, einem Zusammenschluss großer deutscher Chemiebetriebe.

Carl Duisberg wird vielfach kritisiert, weil unter seiner Leitung bei Bayer während des Ersten Weltkrieges Giftgas für den Kriegseinsatz produziert wurde und weil er sich während des Ersten Weltkrieges für die Deportation belgischer Zivilarbeiter zur Zwangsarbeit in Deutschland einsetzte. In Dortmund und Lüdenscheid wurde deshalb 2014 eine Umbenennung der dort nach Carl Duisberg benannten Straßen beschlossen. Der Rat der Stadt Leverkusen lehnte 2011 eine Umbenennung der dortigen Carl-Duisberg-Straße wegen seiner Verdienste um die Stadt Leverkusen ab.

Den Forderungen der von ihm verehrten Obersten Heeresleitung unter Ludendorff und Hindenburg folgend, sah Duisberg im Einsatz von Giftgas während des Ersten Weltkrieges „kein moralisches Problem“.1 Diese Haltung muss vor dem Hintergrund bewertet werden, dass „chemische Waffen zu keinem Zeitpunkt moralisch akzeptiert wurden.“2 Auch in der Frage der Deportation belgischer Zwangsarbeiter trifft Duisberg „auf jeden Fall eine Mitschuld“.3 Nach Meinung einer Forscherin wird jedoch seiner Rolle „durch eine seiner unbedachten martialischen Äußerungen sehr viel – zu viel – Gewicht beigelegt.“4

Duisberg selbst bezeichnete sich 1919 als „Opportunist“, der sich „den Verhältnissen“ anpasse. Den Krieg, so schrieb er, habe er „als etwas Fürchterliches aber Unabwendbares“ angesehen und deshalb „Alles eingesetzt, um nicht zu unterliegen.“5 Eine Forschungsarbeit zu Duisbergs Bedeutung für die deutsche Außenpolitik im Ersten Weltkrieg kommt zu dem Ergebnis, dass Duisberg in seinen „außen- und kriegszielpolitischen Vorstellungen wenig Originelles“ gezeigt habe, er vielmehr „ein typischer Repräsentant des politischen Umfelds“ gewesen sei, in dem er sich bewegt habe. Nach dieser Untersuchung gehörte Duisberg „wie viele seiner Zeitgenossen zu den verführten Verführern.“6

Zu den Verdiensten Duisbergs gehört sein Einsatz für die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit, von deren Notwendigkeit er überzeugt war und die von der nach ihm benannten Carl-Duisberg-Gesellschaft gefördert wird. In Schildgen gehört die Duisbergstraße zu einer Wohnsiedlung, deren Entstehung eng mit der Firma Bayer verbunden ist und in der viele Bayer-Beschäftigte wohnen.

Der Frankfurter Wirtschaftshistoriker Werner Plumpe hebt in seiner 2016 erschienenen Biographie über Carl Duisberg hervor, dass der Beginn des Ersten Weltkrieges die „entscheidende Zäsur in Duisbergs Leben“ dargestellt habe: „Was ihn vor dem Krieg ausgezeichnet hatte, zeichnete ihn auch während des Krieges und danach aus: Energie, Ehrgeiz, Anerkennungsbedürfnis, doch hatten diese Tugenden nun ihre Unschuld verloren. Aus Triebkräften des friedlichen Aufstiegs wurden sie zu Elementen der Kriegsführung, der Vernichtung, der Radikalität.“ Plumpe betont auch, dass Duisberg „in politischer Hinsicht Opportunist“ gewesen sei, „jemand, der die Verhältnisse hinnahm, wenn sie seine Kreise nicht störten, dem vor allem an Ordnung lag, nicht an politischen Überzeugungen.“7

Anmerkungen und Quellen

1 Kordula Kühlem (Bearb.): Carl Duisberg (1861-1935). Briefe eines Industriellen, München 2012, 9.
2 Jean-Jacques Becker/Gerd Krumeich: Der Große Krieg. Deutschland und Frankreich 1914-1918, Essen 2010, 170.
3 Thomas Portz: Großindustrie, Kriegszielbewegung und OHL, Siegfrieden und Kanzlersturz: Carl Duisberg und die deutsche Außenpolitik im Ersten Weltkrieg, Lauf a.d. Pegnitz 2000, 244.
4 Kühlem, Duisberg, 11.
5 Kühlem, Duisberg, 363 und 402.
6 Portz, Duisberg, 447.
7 Werner Plumpe: Carl Duisberg 1861-1935. Anatomie eines Industriellen, München 2016, 824.