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Übernehmen

Ein Koloss für eine Milliarde D-Mark

Text: Michael Werling

Die Papiermaschine PM 3 steht für Superlative. Sie ist gigantisch, ihre Halle ist halb so groß wie der Kölner Dom, pro Minute spuckt sie genug Papier aus, um ein Fußballfeld zu bedecken. Vor 33 Jahren markierte sie den Übergang des Familienunternehmens Zanders zum internationalen Konzern – und damit auch den Anfang des Untergangs.

Gesamtansicht der Papiermaschine 3
Bau der Fundamente für die PM 3.

Am 5. September 1980 wurde das Familienunternehmen „Zanders Feinpapiere GmbH & Co“ in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, schon drei Jahre später erfolgte der Gang an die Börse. Dies alles war möglich, weil der Absatz der Papierprodukte aus Bergisch Gladbach erfolgreich war und die nationalen und internationalen Kontakte stetig intensiviert und ausgebaut werden konnten.

Entsprechend dieser gravierenden Weichenstellungen schien auch die Vielfalt der in den 1980er Jahren stattgefundenen Baumaßnahmen (z.B. Kraftwerkserweiterung, Forum, Rollenzentrallager, Hochregallager usw.) für eine vollständige Erneuerung der Fabrikanlage zu sprechen.

Da außerdem die geplante Erweiterung der Rohpapierkapazität durch die vorhandenen Papiermaschinen nicht mehr abgedeckt werden konnte, wurde 1989 mit dem Bau der Papiermaschine (PM 3) die größte Einzelinvestition in der Geschichte des Unternehmens vorgenommen: Eine Milliarde D-Mark gab Zanders für die riesige Papiermaschine aus.

Die Akteure
Da sich die Familie Zanders 1989 durch den Verkauf ihrer Stammaktien aus dem Unternehmen zurückgezogen hatte, war für die Realisierung der PM 3 allein die Geschäftsführung unter der Leitung des Vorstandsvorsitzenden Peter Dauscha verantwortlich. Er arbeitete mit einigen wenigen Architekten und Ingenieure an dem Projekt. Das Architekturbüro „hmp“ war 1957 in Köln gegründet worden und firmierte lange Zeit unter dem Namen Heier, Monse & Partner. Von 1995 bis 2003 agierte das renommierte Planungsbüro unter dem Namen „HMP Bauplanung GmbH“. Seit dem Ausscheiden der Gründungsväter 1990 wird das Büro „hmp ARCHITEKTEN“ bis heute bei der Planung und Realisierung von hochwertigen Gebäuden in allen Bereichen des Bauens angefragt.1

Das Ingenieurbüro Fichtner/Stuttgart wurde 1922 durch Martin Fichtner als ein zunächst nur regional tätiges Ingenieurbüro gegründet. Mittlerweile ist die Fichtner GmbH & Co. KG ein Planungs- und Beratungsunternehmen, welches über rund 1.450 Mitarbeiter verfügt.2

Innenraum der Halle für die PM 3.

Am 30.01.1989 beantragte die Firma Zanders Feinpapiere AG am Nordrand ihres Werksgeländes und unmittelbar vor der Bensberger Straße ein Gebäude für die Papiermaschine einschließlich einer Stoffaufbereitung zu errichten.

Die PM 3 ist zwischen den PM 1/2 und der Ausrüstung II erbaut worden. Die Stoffaufbereitung dockt direkt an den Kubus der alten Stoffaufbereitungsanlage an.

Durch diese neue Produktionsanlage mussten große Grünflächen weichen, was außerdem ein umfangreiches landschaftspflegerisches Begleitprogramm erforderte. Daneben musste durch die Hanglage des zu bebauenden Grundstücks der Baukörper relativ tief in das Gelände eingegraben werden, weshalb er von der dort unmittelbar vorbeiführenden Bensberger Straße aus nur als ein Baukörper von geringer Höhe sichtbar wird.

Die Papiermaschine 3 vor Beginn des Abbaus


1.300 Meter Papier pro Minute
Das heißt, die PM 3 konnte in der Minute 1.300 Meter Papier ausstoßen, was, bei einer entsprechenden Breite von 6,60 m, der Größe eines Fußballfeldes entsprach. Die Jahresleistung dieser 150 m langen Maschine lag bei 170.000 Tonnen Rohpapier.

Da zur Produktion von Papier reichlich Wasser benötigt wird, darf angemerkt werden, dass diese Papiermaschine 20 Kubikmeter Wasser pro erzeugter Tonne Papier benötigte. Dies bedeutete, dass neben der enormen Wasserzuführung auch die werkseigene mechanisch-biologische Kläranlage wesentlich erweitert werden musste.

Neben der Abwasserreinigung musste auch eine Erweiterung des alten Kraftwerks vorgenommen werden. Dieser neue Kraftwerksblock wurde mit vier Turbinen ausgestattet, die mit insgesamt 30 Megawatt installierter elektrischer Leistung zusätzliche Energie lieferten, damit die PM 3 auch laufen konnte.

Anhand dieser nur angerissenen Fakten wird deutlich, was diese neue Papiermaschine nicht nur leisten konnte, sondern welche Auswirkungen sie auch auf die bestehende Papierfabrik hatte.

Gebaut wurde die PM 3 durch die Maschinenbaufirma Voith. Hierbei ist bemerkenswert, dass schon ca. 100 Jahre zuvor, sämtliche Maschinen für die Herstellung von Zanders-Papieren von dieser Firma gebaut wurden.

Ein Betrieb, der 1825 von dem Schlosser Johann Matthäus Voith in Heidenheim auf der schwäbischen Ostalb mit fünf Arbeitern gegründet wurde und auch heute noch als weltweit agierender Konzern mit ca. 40.000 Mitarbeitern nach wie vor im Maschinenbau tätig ist.

In Heidenheim selbst betreibt der Konzern (Fa. Voith Paper) auch eine weltweit einzigartige Versuchspapiermaschine, wo entsprechende Komponenten für die Zukunft entwickelt werden.7

Mit dem erst kürzlich vollzogenen Verkauf dieses Papiermaschinen-Giganten PM 3 aus der Insolvenzmasse von Zanders ist endgültig eine großartige Ära eines ehemals weltweit agierenden Industrieunternehmens zu Ende gegangen.

Fußnoten
- 1: https://www.hmp-architekten.de/das-büro/
- 2: wikipedia.org/wiki/Fichtner_(Unternehmen)
- 3: Gerd Heene: Industrie und Gewerbebauten, in: Flachdach · Architektur · Konstruktion, Gütersloh 1983, S. 44 ff.
- 4: Barbara Müller-Fauré: Bau einer neuen Papiermaschine in Bergisch Gladbach, in: Zanders heute, H. Dez. 1990, Bergisch Gladbach 1990, S. 12 f.
- 5: Hans-Joachim Putz: PM3 unter ökologischen Gesichtspunkten, in: Zanders Umwelt-Magazin, H. 2/März 1993, Bergisch Gladbach 1993, S. 36 ff.
- 6: Michael Feldhof: PM 3: Start, in: Werkszeitung „zanders heute“ (08.1992), S. 14 ff.
- 7: Vgl. http://voith.com/ger-de/heidenheim-80.htm