Vokale Highlights in der Gesangsmatinee der Städtischen Max-Bruch-Musikschule am 29.6.25
Vokale Highlights in der Gesangsmatinee der Städtischen Max-Bruch-Musikschule am 29.6.25
Am letzten Sonntag im Juni veranstaltete die Städtische Max-Bruch-Musikschule in ihrem Kammermusiksaal am Langemarckweg eine Matinee im Fachbereich Gesang. Und der ist dort so breit gefächert wie sein Repertoire: Es gibt einen Kinderchor, Solisten und Solistinnen, Duos und den Frauenchor und den Männerchor und und und … Die Bandbreite in Stil und Genres reicht von der Renaissancemusik über Klassik und Romantik bis hin zu Swing und Hiphop, Jazz und Rock, und erstaunlicherweise passt das alles irgendwie zusammen und in eine Matinee mit rund zwei Stunden Dauer, davon eine halbe Pause.
Fachleiterin Silke Weisheit-Schepmann begrüßte das Publikum im ziemlich überfüllten Saal, und die persönlich Nähe hätte vielleicht auch bei niedrigeren Außentemperaturen für menschliche Wärme gesorgt – umso größer meine Anerkennung für die Disziplin bei „Sendern“ und „Empfängern“: hohes bis ganz hohes Niveau bei den Protagonisten, die immerhin zu singen lernen, das heißt (bislang) nicht Profis sind; keine Störungen oder Bekundungen der Ungeduld bei den zum Teil sehr jungen Gästen; und nach der Pause war der Kammermusiksaal nicht, wie ich erwartet hätte, halbleer, da eben die „Kleinen“ lieber mit Eltern, Opas, Tanten und Geschwistern in die Eisdiele oder ins Bad wollten, sondern es kamen erneut Tische zum Draufsitzen zum Einsatz, sozusagen zum Draufsatz.
Die Matinee begann ganz klein, doch das nur im direkten Sinn: mit dem Kinderchor unter der Leitung von Ute Faust und mit Cello-Begleitung von Holger Faust-Peters. Eine Reihe mehrstrophiger Lieder war zu hören, alle Texte auswendig vorgetragen; Rhythmus, Takt und Melodie auf Anhieb und öffentlich abzurufen – das ist für Sieben- bis Zwölfjährige eine Riesenleistung. Ein Solo von Elisa Hamprecht kam ebenso gut an wie eine Pfeif-Einlage von Greta Hildebrand beim sommerlichen Hit „Don’t worry, be happy“. Zwischendurch wurden Besucher und Besucherinnen aufgefordert mitzumachen, sodass niemand „zu kurz kam“.
So heiter und gekonnt ging es auch weiter: Sebastian Jansen (9!) sang mit Dmitry Gladkovs Klavierbegleitung eine ganze Garten-Story mit dem Titel „Aufruhr im Gemüsebeet“, und zwar ohne Textblatt, dafür mit vielen Gesten, vor, dann kamen alle, die mitwirkten, „auf die Bühne“ (eine Bühne gibt es nicht, also kamen sie nach vorn) und stimmten unter Georg Schillingers Dirigat den Kanon „Singen macht Spaß“ an. Wer im Publikum den kannte, war als Mitsänger willkommen. Es folgten Beiträge aus Barock- und Klassik- bzw. Opern- und Oratorienfach, vorgetragen im Duett – Irmgard Skopp und Babette Weigel versetzten die Zuhörerschaft mit Dvořáks „Ring“ in die Sphären von Mähren – sowie solistisch, da löste Marianne Wurth mit einer Arie aus dem Oratorium „Messias“ die vorhergegangene folkloristische Farbtönung bzw. Tonfärbung ab, Arne Meinhardt stieß könnte man sagen gesanglich ins gleiche Horn mit ebenfalls einer barocken Arie, und zwar aus Bononcinis Dramma per musica „Griselda“; es schloss sich an Gina Marjorams geradezu szenischer Vortrag aus Puccinis Oper „Turandot“, der den tragischen Hintergrund der Arie sicht- und hörbar inszenierte. Nach einer Pause mit Gelegenheiten zu Erfrischung und Gesprächen hörte und sah man den von der Schulleiterin Agnes Pohl-Gratkowski dirigierten Frauenchor – zum Teil auch ohne Dirigentin, denn die reihte sich ein und sang selbst eifrig mit. Mir gefiel von den drei Stücken am besten Christoph Lehmanns „Da berühren sich Himmel und Erde“, für mich eine christliche Friedensbotschaft ohne missionarische Ambitionen.
Mit seinem dritten Beitrag, Milvas Song „Zusammenleben“ (deutsch 1978, 1962 von Mikis Theodorakis auf Griechisch aufgenommen), leitete der Frauenchor über zu Rock, Pop, Schlager, Musical, wobei Silke Weisheit-Schepmann explizit darauf hinwies, dass nur zwei der Beiträge elektronisch unterstützt würden, und wie zuvor Georg Schillinger kurze biographische bzw. Werk-Einführungen zu einzelnen Stücken gab:
Anna Crump und Charlotte Ring materialisierten in Doechiis „Anxiety“ weniger das titelgebende Gefühl der „Angst“ als toll aufeinander abgestimmten Rap-Gesang, Helena Orth interpretierte John Legends „All of me“ innig und doch ohne Kitsch, Paula Kamella präsentierte die Ballade „All I want“ aus „High School Musical“ mit ausdrucksstarken Schwingungen und vielerlei Schattierungen entsprechend der Textaussage vom Suchen nach dem Glück, Gina Marjoram glänzte nach ihrem o. g. Auftritt nun, ebenso expressiv, mit einem Song von George Gershwin, und Erik Blatzheim verbreitete dunkle Stimmung im düster-traurigen „Empty chairs and empty tables“ aus dem Musical „Les Misérables“, bevor Alejandro Camino Naddaf durch das spanische Liebeslied „Lucía“ sozusagen akustisch und emotional wieder das Licht anknipste. Zum Schluss noch einmal Erik Blatzheim: Mit seiner, wie er anmoderierte, recht speziellen Band – kein Schlagzeuger vorhanden, so erfüllte sein und Timo Metzes Gitarrenlehrer Tobias Schaaf diese Funktion, der E-Bassist brach sich die Hand, und Ira Parashar sprang ein – nahm die Veranstaltung mit „The Unforgiven“ von Metallica ein ziemlich lautes und sehr gutes Ende.
Dmitry Gladkov begleitete fast alle Stücke am Klavier und trug mit hoch sensiblem Spiel und feinster Nuancierung nicht nur zum Wohlklang bei, sondern den Wohlklang einzelner Stimmen oft ähnlich wie auf einem Klangteppich, und das ist eine hohe Kunst: Gesang so zu begleiten, dass der Pianist den Stücken entsprechend die Singstimmen stützt, ohne selbst Solist zu werden.
Zwei persönliche Ge-Dank-en: Obwohl ich pünktlich kam, war der Saal bei meinem Eintreffen bereits voll. Und während ich nach draußen ging, um einen weiteren Stuhl zu erbitten, kam mir ein Herr von hohem Wuchs nach und bot mir den seinen drinnen an. Das war reizend. Und zu John Legends „All of me“: Im Internet hab ich gelesen, dass dieser Song weltweit die Herzen von Millionen Menschen erreicht hat. Meins nicht, weil ich ihn gar nicht kannte. Aber Helena Orths Version kenne ich nun, und die war wirklich große Klasse! Dass der Spannungsbogen über die gesamte Dauer des Konzerts hielt, war unter anderem dieser bis ins letzte Pianissimo „stimmigen“ Darbietung der filigranen Komposition zu verdanken: Bis zu mir in der hinteren Ecke (wo ich, siehe oben, dank dem „großen Unbekannten“ saß) war über die gesamte Zeit der Matinee aufmerksames Zuhören zu hören.
Mehrere Schüler und Schülerinnen, die bereits an Jugend musiziert teilgenommen und zum Teil auch Preise erworben haben, traten in der Matinee auf, ihre Erfolge wurden benannt und gewürdigt und beklatscht, und ein Großteil der anderen Kinder/Jugendlichen/Erwachsenen/Formationen hätte sicher auch gewonnen … bei manchen kommt das vielleicht noch!
So viel Dramatik, so viel Können, so viel Musik! Vielen Dank!
Gudrun Armbruster, 2. Juli 2025