Das Herrenberg-Urteil hat die Arbeit der Musikschulen in Deutschland verändert: Die Beschäftigung von Musikschul-Lehrkräften auf Honorarbasis ist seit dem 1. Januar 2025 in vielen Fällen rechtlich nicht mehr haltbar, sodass Festanstellungen notwendig werden.
Dies betrifft auch die Städtischen Max-Bruch-Musikschule in Bergisch Gladbach. Sechs Monate nach der Umstellung lässt sich ein erstes Resümee ziehen.
Mehr als 20 Jahre gab es in der Städtischen Max-Bruch-Musikschule Honorarkräfte und Festangestellte. Seitdem das Herrenberg-Urteil gilt, sind alle Kolleginnen und Kollegen gleichgestellt – nicht nur unter sich, sondern auch mit den anderen Mitarbeitenden der Stadtverwaltung.
„Für die vielen Honorarkolleginnen und -kollegen freut es mich wirklich sehr, dass sie nach teilweise langer Zeit als Honorarkraft nun eine Festanstellung haben. Aus meiner Sicht wirkt sich die Umstellung auf ein sehr gutes Arbeitsklima im Haus und bei unseren Konzerten aus“, erklärt Agnes Pohl-Gratkowski, Leiterin der Städtischen Max-Bruch-Musikschule.
Für die Leitung gibt es nun 76 statt 42 festangestellte Kolleginnen und Kollegen, deren Vertretungen, Mitarbeitergespräche und andere personelle Angelegenheiten bearbeitet und geregelt werden müssen. Die 10 Fachleiterinnen und Fachleiter sind mehr zur eigenständigen Führung ihres Fachbereichs aufgefordert.
Durch die Festanstellung war die erste Erhöhung der Unterrichtsgebühren seit 2008 nötig. „Wir wussten, dass dies einige Personen hart treffen könnte, und haben deshalb auf die Fördermöglichkeiten des Hauses, z.B. durch den Förderverein, oder Möglichkeiten wie die Verkürzung der Unterrichtszeit verwiesen“, so Pohl-Gratkowski weiter. „Doch erfreulicherweise hat es bei den Schülerzahlen, Kündigungen, der in Anspruch genommenen Länge der Unterrichtszeit, der Zufriedenheit im Preis-Leistungsverhältnis und der Größe des Lehrkörpers kaum Abweichungen gegeben. Damit sind wir sehr zufrieden“.
Axel Koch, Posaunenlehrkraft an der Musikschule, berichtet: „Inhaltlich hat sich die Arbeit des Instrumentalunterrichts nicht verändert - das wäre auch kein gutes Zeichen, denn es hätte rückblickend Qualitätsunterschiede des Unterrichts abhängig vom Beschäftigungsverhältnis offenbart. Wirtschaftlich gibt die Festanstellung als Angestellter selbstverständlich eine erhöhte wirtschaftliche Planungssicherheit, am Ende etwas mehr Gehalt - wenn auch leider die Gehälter von Musikschullehrenden, die allesamt eine akademische Ausbildung durchlaufen haben, leider nicht mit der ab Sommer 2026 geltenden Gehaltserhöhung des Lehrpersonals an öffentlichen allgemeinbildenden Schulen mitziehen werden -, Krankenkassenbeiträge, die nun nicht mehr über die Künstlersozialkassen abgewickelt werden - so man denn rein (schein-)selbständig tätig gewesen ist -, gesicherte Rentenpunkte sowie optional ein Jobticket. Der wirtschaftlich wie sozial größte Pluspunkt ist die Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle, welche bei einer Honoraranstellung komplett entfiel“.
Cello-Lehrkraft Miriam Griess sieht das ähnlich: „Die Festanstellung bietet viele Vorteile und Sicherheiten, wie monatlich durchbezahlter Lohn: Zuvor gab es keinen Lohn bei Krankheit, in Ferienzeiten, bei Schülerinnen- und Schüler-Kündigungen - dadurch war das Einkommen sehr stark schwankend. Ebenfalls Vorteile sind die Möglichkeit der Krankschreibung, Mutterschutz, Kündigungsfrist, Altersabsicherung, Jobticket, die Identifikation mit dieser Bildungseinrichtung und der Stadt Bergisch Gladbach und die Gleichbehandlung aller an der Musikschule Beschäftigten“.
Posaunenlehrer Axel Koch sieht allerdings nicht nur Vorteile: „Eine Kehrseite für alle Beteiligten besteht jedoch darin, dass die Musikschule nun ein fixes Stundenkontingent zur Verfügung hat und dementsprechend nur eine gewisse Zahl an Schülerinnen und Schülern unterrichten kann, da es so gut wie keine Möglichkeit mehr gibt, flexibel auf eine natürlicherweise schwankende Nachfrage reagieren zu können“.
Die Cello-Lehrerin Miriam Griess ergänzt: „Die Flexibilität in Mitwirkung an eigenen Konzerten und Projekten der Musikschullehrerinnen und -lehrer wird eingeschränkt, diese Flexibilität ist finanziell (Aufstockung der Teilzeitstellen) und künstlerisch wichtig und gehört zum Berufsbild der Musiklehrerinnen und -lehrer. Die Eingliederung der Unterrichtstätigkeit, und den damit zusammenhängenden Aufgaben - also die Arbeitszeiterfassung - in einen TVÖD scheint sehr kompliziert. Viele Arbeiten des Musikschulalltags sind in einer Verwaltung schwer nachvollziehbar, z.B. kaputte Instrumente, Vorbereitung auf Wettbewerbe, Elterngespräche, Übermotivation, Arrangements von Noten, Orchesterfahrten, Raumbelegungen, Stundenplanerstellung. Und die Dokumentation dieser Arbeiten bedeutet wiederum einen bürokratischen Aufwand“.
Insgesamt sieht die Städtische Max-Bruch-Musikschule positiv in die Zukunft: „Wir freuen uns, dass die Änderungen viele Vorteile mit sich gebracht haben und der Unterricht in der gewohnt hohen Qualität und Quantität weiter stattfindet. Es ist gut, dass wir als gleichgestelltes Lehrkörper-Team die Arbeit unserer Musikschule weiter vorantreiben können“, schließt Agnes Pohl-Gratkowski, Leiterin der Städtischen Max-Bruch-Musikschule, ab.
Städtische Max-Bruch-Musikschule