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Rückblick nach der Schließung der Flüchtlingsunterkunft in Paffrath

Rückblick nach der Schließung der Flüchtlingsunterkunft in PaffrathBild vergrößernEnde Mai 2016 zogen die ersten Bewohner in die Anlage

Nach rund drei Jahren ist die Flüchtlingsunterkunft der Stadt Bergisch Gladbach auf dem ehemaligen Sportplatz hinter der Integrierten Gesamtschule Paffrath Geschichte. Die letzten Bewohner sind im Mai zur Flüchtlingsunterkunft (FUK) nach Lückerath beziehungsweise teilweise auch in privaten Wohnraum auf Bergisch Gladbacher Stadtgebiet umgesiedelt worden.

Aktuell leben noch einige Personen auf dem Gelände, bis die Obdachlosenunterkunft in Schildgen nach den Sanierungsarbeiten im Juni fertiggestellt ist.

Am Dienstag, den 28. Mai 2019, feierten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes als Betreiber, die Kolleginnen und Kollegen der Stadtverwaltung, die Mitglieder der Flüchtlingsinitiative, die Angestellten des Sicherheitsdienstes sowie zahlreiche weitere Gäste Abschied von der Containerunterkunft.

Am 30. Mai 2016 waren die ersten Bewohner in die Anlage eingezogen. Die meisten Menschen mit Fluchthintergrund hatten bis dahin in der Turnhalle in Refrath gelebt.

Die Unterkunft wurde als Container-Modulgebäude in L-Form angelegt und bot für maximal 153 Menschen Unterbringungsplätze. Ein ehemaliger Bürokomplex der Universität Köln wurde dreistöckig errichtet. Hier hatten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des DRK ihre Räume, die für Verwaltungstätigkeiten, aber auch als Gesundheitszentrum, für Deutschkurse und zur Kinderbetreuung genutzt wurden.

Pläne im Herbst 2015

Bereits im September 2015 hatte die Stadtverwaltung zum ersten Mal über die Pläne zur Einrichtung der Wohnanlage hinter der IGP informiert. Die städtischen Sozialarbeiterinnen und –arbeiter waren ab dem ersten Bezugstag stets bemüht, eine Bewohnerstruktur zu schaffen, die ein friedfertiges Zusammenleben ermöglichte. Da es sich bei der Unterkunft in Paffrath um eine Regelunterkunft handelte, lag der Schwerpunkt der Arbeit in der Integration der Flüchtlinge.

Besonders wichtig war hierbei die Unterstützung im Kontakt mit Behörden, Schulen, Arbeitgebern und dem Stadtteil sowie die Förderung des gemeinschaftlichen Zusammenlebens vor Ort. Aber auch für alltägliche Fragen war tagsüber immer ein Ansprechpartner des DRK vor Ort und vermittelte beispielsweise externe Freizeit- und Bildungsangebote sowie Sprachkurse.

Auch die Flüchtlingsinitiative „Willkommen in Paffrath/Hand“ stand bereit, mit dem ehrenamtlichen Engagement interessierter Bürgerinnen und Bürger die Alltagsbewältigung der Flüchtlinge zu unterstützen und Hilfe bei der Integration zu leisten.

Rückbau wird geplant

Ab Juni ist es nun die Aufgabe der Stadtverwaltung, den geschlossenen Standort weiter zu betreuen. So wird das Gelände, wie die Abteilung Soziale Förderung des Fachbereiches Jugend und Soziales mitteilt, komplett geschlossen werden. Das hat leider auch Nachteile für die heutigen Grundstücknutzer. Der beliebte Abkürzungsweg, der über das Gelände führt, ist dann nicht mehr nutzbar.

Um die Gebäude zu schützen, ist auch weiterhin ein Sicherheitsdienst beauftragt.

Das Angebot der Fahrradwerkstatt wird aufrechterhalten, der Zugang von der Seite des Schwimmbad-Parkplatzes bleibt erhalten. Die Fahrradwerkstatt ist weiterhin jeden Samstag geöffnet.

Für die Gebäude auf dem Gelände wird nach wie vor verwaltungsintern die Nachnutzung geprüft.

Privatwohnungen werden weiterhin gesucht

Am Standort Lückerath, der im Mai 2020 leer gezogen werden muss, suchen circa 200 Bewohnerinnen und Bewohner eine Wohnung. Diese haben bis heute noch keine Unterkunft auf dem privaten Wohnungsmarkt gefunden.
Unterstützung aus der Bevölkerung ist hier weiterhin herzlich willkommen: Wer eine geeignete und preislich angemessene Wohnung an Geflüchtete vermieten möchte, wird gebeten, sich an den Fachbereich Jugend und Soziales, Abteilung Soziale Förderung, Tel.: 02202 14-2471 oder per E-Mail an C6d7e8b26bfd140cd8061ce731302a732.Tillmann@269c5ded7f6f43d8a93fb2d6e6ade646stadt-gl.de zu wenden.

Bürgermeister Lutz Urbach resümiert zur Schließung der ersten großen Unterkunft:
„Wir mussten im Herbst 2015 einen gewaltigen Sprint starten, um die Menschen in würdigen Verhältnissen unterbringen zu können. Ich bin stolz, dass die Stadtverwaltung gemeinsam mit allen Partnern und natürlich den Bergisch Gladbacher Bürgerinnen und Bürgern das gemeistert haben. Und nicht nur die Unterbringung ist gelungen, auch die Integrationsarbeit hat größtenteils sehr gut funktioniert. Das ist ein Marathon, der damals gestartet ist und noch auf unbestimmte Zeit andauern wird. Die Flüchtlingsunterkunft Paffrath wird immer ein Symbol für das bleiben, was wir für Zuflucht suchende Menschen leisten konnten.“

Das Fazit der Flüchtlingsinitiative Paffrath/Hand lautet:

Viele Mitglieder der Flüchtlingsinitiative Paffrath/Hand haben sich in drei Jahren des Bestehens der Unterkunft engagiert und um die Bewohnerinnen und Bewohner gekümmert. Die Begleitung der Umzüge war in den vergangenen Wochen noch einmal ein besonderer Kraftakt für die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer.

Insgesamt wurden in kurzer Zeit mehr als zehn Umzüge tatkräftig mit hohem Zeitaufwand unterstützt. Zahlreiche Möbelspenden aus der Bevölkerung haben zu einem guten Übergang beigetragen. Mit jedem neuen Umzug wurden die Prozesse in der Zusammenarbeit mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt und des Jobcenters optimiert.

Viele Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler werden sich auch nach der Schließung der Unterkunft weiterhin aktiv in der Flüchtlingsarbeit engagieren. So wird der Sprachunterricht an anderen Standorten in Bergisch Gladbach fortgesetzt. Die Kurse finden zukünftig im Clemenshaus, in der DRK-Unterkunft in Lückerath sowie in der DRK-Kindertagesstätte in der Franz-Heider-Straße statt.

Die Gruppe, die zweimal wöchentlich den Treffpunkt der Kulturen auf dem Gelände der nun geschlossenen Unterkunft organisiert hat, wird ebenfalls fortbestehen und den Treffpunkt zukünftig in der DRK-Unterkunft in der Senefelderstraße anbieten. Ein erstes Treffen hat dort bereits stattgefunden.

Die Fahrradwerkstatt (Mitglied im Verbund der Mobilen Nachbarn in Bergisch Gladbach), die zurzeit ebenfalls noch auf dem Gelände der Unterkunft betrieben wird, soll nach Möglichkeit und auf Wunsch der Stadt bestehen bleiben. Die Techniker (auch "Schrauber" genannt) möchten ihre wertvolle und integrationsfördernde Arbeit fortsetzen, allerdings ist noch unklar, an welchem Standort dies möglich sein wird.

Da die Hilfe zukünftig nicht mehr an einem zentralen Ort, sondern dezentral geleistet werden muss, erhöht sich der Aufwand. Daher sucht die Initiative noch ehrenamtliche Helfer für die genannten Aufgabenbereiche. Wer sich hier engagieren möchte, kann sich bei der Initiative unter info@f1ba3a3385cc47f291ff7b802e43422ewillkommen-in-paffrath-hand.de melden.

Auch das Deutsche Rote Kreuz Kreisverband Rheinisch Bergischer Kreis hat Gedanken und einen Rückblick zur endgültigen Auflösung der Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete in Paffrath formuliert:

Für das DRK und die Mitarbeitenden geht mit der Schließung Paffrath eine Ära zu Ende:

„Es war ein guter Ort für Zufluchtsuchende aus 30 Nationen“, betont Sabine Schöngen, die den Fachbereich Soziale Dienste des DRK leitet. So wurden auch Planung, Bau und Rückbau der Unterkunft bis zum jetzigen Rückbau mit Herz und Verstand begleitet. Insgesamt 278 Männer, Frauen und Kinder lebten auf dem Gelände und wurden von den DRK-Kolleginnen und Kollegen ein Stück begleitet und unterstützt. „Gemeinsam wurde gelebt, gelacht, geliebt, aber auch gestritten und getrauert.“ Zudem gab es Anfänge und Abschiede: Elf Geburten, acht freiwillige Rückkehrer in die Heimat, aber auch 20 Abschiebungen. Im Rückblick zählt Sabine Schöngen die ersten Alltagserlebnisse der Menschen auf: „Erste Schritte in Kindergarten, Schule, Sprachschule, Ausbildung, Studium und Beruf haben wir vermittelt und begleitet.“

In guter Erinnerung sind auch die gemeinsamen Feste mit der Nachbarschaft, mitgestaltet von der Bewohnerschaft und in Zusammenarbeit von Ehrenamt, Sozialverwaltung und DRK. Hinzu kamen die traditionellen Feste an Nikolaus, Karneval und Ostern.

Dramatisch dagegen die Erinnerung an den großen Brand im Sommer 2018. Wobei andererseits auch Positives erlebbar war, denn es hat sich in dem Krisenfall gezeigt, wie unproblematisch und unbürokratisch Soforthilfe besonders aus der direkten Nachbarschaft geleistet wurde.

Mit etwas Stolz schaut Sabine Schöngen auch auf die speziellen Leistungen des DRK zurück. So wurden Standards zu Gewaltschutz und Hygiene in Paffrath entwickelt und anschließend in den anderen Gemeinschaftsunterkünften etabliert. Es gab regelmäßige Angebote an Sozialberatung, medizinischer Beratung, Kinderbetreuung, Sport für Frauen sowie Workshops und Fortbildungen für Ehrenamtliche.

In einer solch großen Unterkunft treffen Bewohnerinnen und Bewohnern mit den unterschiedlichsten Problemlagen aufeinander, die oft intensive und individuelle Beratung benötigen. Typische Themen waren Erziehungsprobleme, Betreuungssuche, Kommunikationsprobleme zu Schulen, Kitas, Behörden; finanzielle Sorgen, Schulden, Nachbarstreitigkeiten, Suchterkrankungen, besonderer Hilfebedarf durch Behinderungen, Schwangerschaft, chronische oder psychische Erkrankungen. Auch die Themen Tod und Trauer um verlorene Angehörige, Gewalterfahrungen und auch Erfahrungen mit Rassismus und Anfeindungen waren Teil des Beratungsalltags.

Schön zu beobachten war, dass die Netzwerkarbeit Früchte trug. So entwickelten sich Zusammenarbeit und Kooperation mit verschiedenen Beratungsstellen und Anbietern in Bergisch Gladbach. Zu nennen sind hier insbesondere die Frauenberatungsstelle, die Kette, Esperanza, das Netzwerk Frühe Hilfen oder auch der Kontakt zur IGP.

Zahlreiche Projekte wurden entwickelt und durchgeführt: Pallettenmöbel-Bau, Gartengestaltung, Schwimmkurse für Babys und Kinder, Informationsveranstaltungen zu wichtigen Themen wie Elternkompetenz-Förderung, Verbraucherschutz (Heizen, Lüften, Handyverträge, Strom- und Gasanbieter) oder Suchtberatung, Fahrradwerkstatt, Fahrradkurse, Deutschkurse/Sprachförderung, Kinderbetreuung, Arbeitsvermittlung, Nähkurse, Wohnungssuche, Umzüge und Einrichtungsbeschaffungen.

Als Fazit betont Sabine Schöngen, dass das DRK stolz ist, im Rahmen des Leitbilds „Im Zeichen der Menschlichkeit“ den Menschen einen Beitrag zur Orientierung gegeben und zum geglückten Start in der neuen Heimat beigetragen zu haben.

DRK-Kreisgeschäftsführer Reinhold Feistl spricht alle Mitwirkenden an den täglichen Aufgaben große Anerkennung aus: „Viele neue Aufgaben haben uns in der Zeit ereilt und wir haben viel dazu gelernt“, beschreibt er die zurückliegende Zeit. Die Schließung des großen Standorts in Paffrath bezeichnet er als „Meilenstein“, wobei aber viele Aufgaben noch anstehen und auch die Integrationsarbeit für die Menschen durchgeführt werden muss. Also Ärmel hochkrempeln und immer weiter machen im Sinne der Menschlichkeit.

„Wir sind alle sehr dankbar für die wunderbare Zusammenarbeit mit den Freiwilligen, den vielen Begegnungen, Kontakten und Freundschaften, die wir erleben dürfen“, resümieren Reinhold Feistl im Namen aller DRK-Kolleginnen und –Kollegen. „Wir machen weiter im Sinne der Menschlichkeit.“