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Trauer um Walter Hanel – Bergisch Gladbacher Ehrenbürger verstirbt im Alter von 93 Jahren

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Bergisch Gladbachs Ehrenbürger Walter Hanel ist verstorben. Als Ikone der politischen Zeichnung prägte er Generationen und wurde bereits im Jahr 2003 Ehrenbürger der Stadt Bergisch Gladbach. Mit viel Leidenschaft und Herzblut machte er Zeitschriften und Journale zu „seinem“ Medium – und fand auch internationalen Erfolg und Anerkennung durch wichtige Karikaturpreise im In- und Ausland.

Bereits im Jahr 1959 erhielt Walter Hanel den Ersten Preis der Tageszeitung „Die Welt“ mit der Zeichnung „Chrutschov beim Zahnarzt“, später den Zweiten Preis des Kontraste Wettbewerbs Leverkusen mit dem "perfekten Staat". Bei der Vielzahl seiner Auszeichnungen sind besonders zu nennen der „Wilhelm-Busch- Preis“, die „Thomas-Nast-Medaille“, die mehrfache Auszeichnung mit dem "Silbernen" und "Goldenen Gothaer" sowie dem „Satyrycon“ in Liegnitz (Niederschlesien). Neben der Vielzahl von Preisen erhielt er die „Europa-Union-Medaille“ sowie den „Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland: das Verdienstkreuz 1.Klasse“. Für sein Lebenswerk schließlich wurde er 2009 mit dem "Deutschen Karikaturenpreis" ausgezeichnet.

Walter Hanel wurde als einziges Kind der Eheleute Theresia und Josef Hanel in Teplitz- Schönau geboren. Schon früh ist seine besondere Begabung des Zeichnens entdeckt und gefördert worden. Schmerzlich und schicksalhaft war der Tod seines Vaters im Jahr 1942. Seine Mutter traf aus der Not heraus die Entscheidung, ihn auf die Oberschule mit Internat in Altenberg (im Erzgebirge) zu schicken. Dort entwickelte er weiteres Interesse für die Kunst: zum Beispiel für Caspar David Friedrich und dessen Zeitgenossen, die im Zeitalter der Aufklärung in der Landschaft einen transzendentalen Bezug gesucht hatten. Spätere Wirkung auf sein Schaffen hatten dann eher Alfred Kubin, Saul Steinberg oder auch Lionel Feininger.

Walter Hanels Schulzeit endete tragisch. Sein Schulgebäude wurde durch Bomben beschädigt, und mehr noch: er musste – als 14-Jähriger - die Zerstörung der naheliegenden Stadt Dresden unmittelbar erleben. Dieses Schreckensszenario und die spätere Vertreibung aus der Heimat spiegeln sich oft wider in seiner zweiten Seite, der oft düsteren freien Kunst. Hier hat auch der Rabe seinen Platz, genauso wie andere Feder- und Fabelwesen.

Walter Hanel flüchtete mit seiner Mutter nach Eilenburg, wo er eine Ausbildung als Lackierer absolvieren konnten. Sein Interesse an der Malerei blieb ungebrochen, zwischenzeitlich war es der Plan, die Kunsthochschule in Leipzig zu besuchen. Dann jedoch traute er sich die dramatische Flucht in den Westen: Über ein Lager in Wipperfürth, in der Gemeinde Hilden, hat er sich auf den Weg nach Bayern zu Verwandten gemacht, erhielt dort aber keine Aufenthaltsgenehmigung - er musste zurück in die britische Zone. Bei der Rückfahrt von Nürnberg aus landete er nicht wie erwartet in Düsseldorf, sondern in Köln. Zufällig wurde er dort mitten in der Nacht aufgelesen und gelangte über seinen Retter zu seinem Job bei Ford als Autolackierer. Der Berufswunsch Künstler werden zu wollen, wurde als unrealistisch in den Nachkriegszeiten bewertet.

Seine Obsession jedoch blieb das Zeichnen. Ein Ford-Kollege nahm ihn mit in die Volkshochschule Köln: „Hier habe ich das Fundament, das Wesentliche des Zeichnens gelernt", so sagte Hanel einmal selbst. Nach längerer Krankheit und der Entlassung bei Ford im Krisenjahr 1952 erhielt er 1953 einen Studienplatz an den renommierten Kölner Werkschulen und aufgrund seiner Begabung bald ein Stipendium. 1959 wurde er zum Meisterschüler ernannt. Im selben Jahr gewann er den 1. Preis eines Karikaturenwettbewerbs der Zeitung „Die Welt“. Über Erfolge bei "Pardon", dem "Simplicissimus" und beim Westdeutschen Rundfunk ebnete sich der Weg zum Rheinischen Merkur und 1971 zum Kölner Stadtanzeiger. Parallel dazu zeichnete er über Jahre hinweg für die Frankfurter Allgemeine, für den Spiegel, den Stern und das Magazin Zeit.

„Walter Hanel erwarb sich den Ruf als ‚der Chronist der Bonner Republik‘. Seine Zeichnungen sind im wahrsten Sinne des Wortes ein Weckruf, geprägt von den Ereignissen des Krieges und der Flucht. Diese Erinnerung hat ihn nie losgelassen. Dies blitzt auf in vielen Zeichnungen gegen Gewalt und Terror, gegen Hunger und Armut, gegen Bedrohung und Aufrüstung, gegen Nationalismus und Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit“, blickt Bürgermeister Frank Stein auf das Leben von Walter Hanel zurück. „Viele der Zeichnungen von vor vierzig oder gar fünfzig Jahren haben an Aktualität nichts eingebüßt, die Probleme von damals haben sich zum Teil noch verschärft. Auf dem Prüfstand stehen Sozialgeflechte, politische Herrschaftssysteme, einseitige Welterklärungen und nicht legitimierte Machtansprüche. Schnell wird deutlich, auf wessen Seite er stand: auf der Seite der sozial und wirtschaftlich Benachteiligten, der politisch Vergessenen oder Verfolgten, auf der Seite von Menschenrecht und Gerechtigkeit“, so Stein.

Und welche Rolle spielt in alledem Bergisch Gladbach? Es ist seine „Stadt im Grünen", die ihm und seiner bereits 1997 verstorbenen Frau Rud Hanel ans Herz gewachsen ist. Die Stadt, in der er als Familienvater seiner 1971 geborenen Tochter Miriam Valeska unterwegs war. Täglich drehte er seine Runden durch den Königs – oder Frankenforst.

Seit den neunziger Jahren hat er seine Aktivitäten in Bergisch Gladbach verstärkt. Zu nennen sind beispielsweise Aktionen mit dem Stadtverband für Entwicklungszusammenarbeit, mit der Kellergalerie Daeberitz, mit den Aktionen "Kunst gegen Gewalt" und "Kunst tut gut". Im Kunstmuseum Villa Zanders wurden ihm mehrere Ausstellungen gewidmet. Einen besonders intensiven Kontakt hat er mit der Volkshochschule Bergisch Gladbach gepflegt.

Bei der feierlichen Auszeichnung mit dem Ehrenbürgerrecht 2003 im Kunstmuseum Villa Zanders resümierte er humorvoll, dass er unfreiwillig seine Heimat Böhmen, danach mehr oder minder unfreiwillig die DDR und Bayern verlassen musste und danach unfreiwillig in Köln gelandet seien. Nur einmal sei er freiwillig umgezogen: „Aus freien Stücken von Köln nach Gladbach, und dies ist die volle Wahrheit und dafür bin ich Bergisch Gladbach dankbar“, so Walter Hanel in seiner Rede 2003.